Planung und Architektur
der Pinakothek der Moderne
Das Grundstück der Pinakothek der Moderne wird von der Gabelsberger-, Barer und Türkenstraße sowie im Norden von Universitätsbauten entlang der Theresienstraße begrenzt. Ursprünglich befand sich auf diesem Gelände die ab 1823 erbaute Türkenkaserne, die zu großen Teilen im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Aus dieser Zeit zeugt noch das unter Denkmalschutz stehende Türkentor, ein Fragment des einstigen Hauptportals der Kasernenanlage für das I. und II. Königlich Bayerische Infanterie-Regiment. Danach wurde der unbebaute Platz fast 20 Jahre für die Auftritte des Zirkus Roncalli genutzt. Ab 1990 entschloss sich die Bayerische Staatsregierung das Gelände als Baugrund für Museen auszuweisen. Am Beginn der Planung eines Museums für die Künste des 20. und 21. Jhs. stand die Fragestellung nach den städtebaulichen Voraussetzungen und den räumlichen Bedürfnissen für jedes der vier unter einem Dach vereinten Museen. Der Münchner Architekt Stephan Braunfels fand auf diese Fragen überzeugende Antworten, denn unter 167 Bewerbern des ausgeschriebenen offenen Wettbewerbs gewann er 1992 den 1. Preis.
Das Areal liegt zwischen Alter und Neuer Pinakothek und der Innenstadt; es stellt daher ein Gelenk zwischen dem rechtwinklig angelegten Raster der Maxvorstadt und den unregelmäßigen Formen der Altstadt dar. Die zentrale Frage war für Braunfels demnach die Eingangssituation: „Wo ist der Haupteingang?“ Das Konzept sieht vor, sowohl eine baulich räumliche Anbindung zur Innenstadt als auch die Verbindung zur Alten Pinakothek herzustellen.
Braunfels plante einen Museumskomplex, der von zwei Seiten des Gebäudes begehbar ist: von der Pfeilerhalle im Nordwesten, die auf die Alte und Neue Pinakothek ausgerichtet ist, und von Südosten, wo man das Museum durch eine verglaste Loggia des Wintergartens betreten kann. Diese Erschließung von beiden Seiten war für den Architekten „eine Möglichkeit, die Beziehung der drei Pinakotheken untereinander zu realisieren, ohne die zentrale Dominanz der Alten Pinakothek durch einen Neubau zu zerstören“.
Beide Eingänge werden durch eine diagonale Achse, eine schräg durchs Gebäude verlaufende Wand, verbunden. Der Besucher wird in die zentrale Halle in Form einer Rotunde von über 30 m Durchmesser geführt, die den Ausgangspunkt für alle Museumsrundgänge darstellt. Sämtliche Ausstellungsräume sind um die Rotunde gruppiert und basieren auf quadratischen Grundrissen. Durch unterschiedliche Raumabfolgen ergeben sich eindrucksvolle Durchblicke und interessante Perspektiven.
Die verschiedenen Institutionen – Die Neue Sammlung – The Design Museum im Untergeschoss, das Architekturmuseum der Technischen Universität sowie die Staatliche Graphische Sammlung im Erdgeschoss und die Sammlung Moderne Kunst im Obergeschoss – werden innerhalb des Gebäudes nicht einfach auf drei Ebenen übereinandergeschichtet, sondern durch eine „große, sich trichterförmig nach oben und nach unten erweiternde Treppenanlage“ verbunden, mit der der Besucher vom Untergeschoss diagonal durch das ganze Haus bis zum Obergeschoss geführt wird. Diese, die Rotunde einbindende Treppenführung gestaltet sich laut Braunfels wie „eine außerordentliche Innenraumskulptur, welche über eine Länge von 100 m und einen Höhenunterschied von 12 m alle Teile des Hauses zusammenbindet“. 20 m hohe Lichträume werfen helles Tageslicht bis in die unteren Geschosse. Umlaufende Galerien des ersten und zweiten Obergeschosses bieten tiefe Einblicke in die verschiedenen Ausstellungsebenen. Die oberste Galerieebene, die auch für Ausstellungen genutzt wird, erhält ihr Licht von der gigantischen Lichtkuppel, die das zentrale Foyer nach oben abschließt.
Die Rotunde ist als Doppelschale konstruiert, die mit Treppen ausgestattet ist. Dem Besucher ist es somit möglich, einen der beiden Rundgänge abzubrechen bzw. eine Abkürzung zum nächsten Geschoss zu nehmen.
Im Untergeschoss der Rotunde hat sich der Architekt ebenfalls etwas Besonderes einfallen lassen: ein halbrundes Raumkonzept mit einer sechsstufigen Anlage, derzeit mit den Thonet-Stühlen der Neuen Sammlung bestückt. Der sich genau darunter befindlichen Hohlraum birgt die sog. Danner-Rotunde, ein Ausstellungsraum für die Schmucksammlung der Danner-Stiftung und der Neuen Sammlung. Unter der großen in das Obergeschoss führenden Treppenanlage ist der Vortragssaal eingebettet, der fast natürlich in die architektonischen Gegebenheiten eingepasst erscheint.
Äußerlich präsentiert sich die Pinakothek der Moderne als rechteckiger Block aus Sichtbeton, Glas und Stahl. Die Außenwände bestehen aus einer zweischaligen Konstruktion. Innen sind die Wände aus massivem Ortbeton gebildet, die Außenschale hingegen ist relativ dünn und besteht aus großflächigen, fugenlos betonierten Fassadenelementen. Diese außergewöhnliche Sichtbetonfassade setzt handwerklich hohe Ansprüche an die Schalungstechnik voraus. „Mein Wunsch wurde von den sinnlichen Reizen des Materials geweckt sowie von seiner Fähigkeit, Masse und Materialität wie aus einem Guß, unverkleidet, monolithisch auszudrücken. Dahinter steht die Sehnsucht, Architektur ‚absolut‘ und ‚wesentlich‘ erscheinen zu lassen.“ (Braunfels)